Die Filmstarts-Kritik zu Beau Is Afraid (2024)

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Beau Is Afraid

Kritik der FILMSTARTS-Redaktion

3,5

gut

Beau Is Afraid

Ein dreistündiger Psycho(sen)-Trip, der einem wirklich alles abverlangt

Von Christoph Petersen

Zwei Filme, zwei Meisterwerke: „Hereditary – Das Vermächtnis“ und „Midsommar“ spalten zwar das Publikum, haben an den Kinokassen aber trotz ihrer markerschütternden Konsequenz ihren Schnitt gemacht! Mit diesen Erfolgen im Rücken ist der gerade mal 36-jährigeAri Aster offensichtlich angetreten, bereits im dritten Anlauf sein ultimatives Opus Magnum abzuliefern – denn anders lässt sich das alle Grenzen sprengende Paranoia-Epos „Beau Is Afraid“ kaum einordnen. Vom Regisseur selbst ursprünglich als „vierstündige Albtraum-Komödie“ angekündigt, ist der fertige Film zwar „nur“ zwei Stunden und 59 Minuten lang – aber die haben es wahrhaft in sich. Ein in jeglicher Hinsicht radikal-visionärer Psycho(sen)-Trip, der einen mit seiner absoluten Kompromisslosigkeit gleichermaßen beglückt und enerviert.

Aufbauend auf dem Kurzfilm „Beau“ von 2011, in dem ein Mann davon abgehalten wird, wie geplant seine Mutter zu besuchen, als ihm die Schlüssel aus seiner Haustür geklaut werden, ist der Titel „Beau Is Afraid“ wohl die Untertreibung des Jahrhunderts: Im Vergleich zu Beau (Joaquin Phoenix) wirkt schließlich selbst „Joker“-Protagonist Arthur Fleck wie ein angenehm-ausgeglichener Zeitgenosse. Im ersten Drittel des Films begleiten wir das dauerhypchondrierende Neurosenbündel bei den letzten Vorbereitungen für den Trip zu seiner Mutter (Patti LuPone) – wobei auch wir die Welt aus seiner offensichtlich psychotischen Perspektive erleben.

Die Filmstarts-Kritik zu Beau Is Afraid (1)

Joaquin Phoenix gibt ja eigentlich immer alles – aber in „Beau Is Afraid“ gibt er sogar noch ein Stück mehr!

Wenn Beau vor die Tür seines Appartementkomplexes tritt, dann herrschen auf der Straße regelrecht bürgerkriegsartige Zuständige, als wäre er zufällig in das Set eines besonders krassen „Mad Max“-Films hineingestolpert: Auf der brillant-verstörenden Tonspur wird nur geschrien, überall explodieren grundlos Dinge, die Menschen fallen wie Zombiehorden übereinander her, ein nackter Serienkiller macht das Viertel unsicher und sticht wahllos auf die Leute ein. Nach dem Schlüsselraub fühlt sich Beau auch in der eigenen Wohnung endgültig nicht mehr sicher – selbst über seiner Wanne kauert irgendwann ein fetter Mann, der sich so verzweifelt an der Decke festklammert, dass sein Schweiß in einem nicht abreißenden Strom auf den badenden Beau herabtropft.

Die erste Stunde ist tatsächlich ein erbarmungslos-unablässiger Albtraum, aus dem es für uns und erst recht für Beau kein Entkommen zu geben scheint – selten hat ein Film sein eigenes Publikum so direkt und viszeral attackiert wie der Auftakt von „Beau Is Afraid“. Für den Zustand des Protagonisten gibt es erst einmal keine großen Erklärungen – vielmehr geht es um die schiere körperliche Erfahrung einer solchen Dauerpanik. Näher kann man dem Gefühl einer tatsächlichen Psychose im gemütlichen Kinosessel wohl kaum kommen. Ist es – allem reichlich eingestreuten schwarzem Humor zum Trotz – unangenehm, sich das anzusehen und vor allem wie am eigenen Leib mitzuerleben? Auf jeden Fall! Aber gerade das macht die erste Stunde von „Beau Is Afraid“ zu einem der absoluten Highlights des Kinojahres!!!

Die Filmstarts-Kritik zu Beau Is Afraid (2)

Beau auf den Spuren von Dorothy – fehlen nur noch der Blechmann, der Löwe und die Vogelscheuche.

Im zweiten Drittel findet sich der zwischenzeitlich über den Haufen gefahrene Beau plötzlich in der Obhut des Chirurgen Roger (Nathan Lane) und seiner Frau Grace (Amy Ryan) wieder. Im rosa-lilafarbenen, mit K-Pop-Postern und Einhörnern ausstaffierten Zimmer der Teenager-Tochter Toni (Kylie Rogers) erwachend, versteht Beau genauso wenig wie das Publikum, was zum Teufel hier eigentlich los ist. Vor allem dank der Performance von Broadway-Superstar Nathan Lane („Mäusejagd“), zwischen dessen betont guter Laune immer genügend potenzielle Abgründigkeit durchscheint, um Beau gemeinsam mit uns in den nächsten Verschwörungs-Kaninchenbau hinabsteigen zu lassen, wird der schwarze Humor in diesem Abschnitt noch mal deutlich hochgefahren.

Nach dem völlig originären Auftakt fällt dieser Teil des Films aber trotzdem ein wenig ab. Geschichten von psychiatrischen Patienten, die sich einbilden (oder völlig zu Recht daran glauben), dass das medizinische Personal ihnen in Wahrheit nur Böses will, gibt es schließlich schon viele – und „Beau Is Afraid“ bietet in dieser Hinsicht zu wenig Neues, um diesen doch relativ ausgiebigen Ausflug in das Paranoia-Genre angesichts der insgesamt bereits so ausufernden Laufzeit vollends zu rechtfertigen. Wobei man sich natürlich auch in diesem Abschnitt am Schauspiel von Joaquin Phoenix kaum sattsehen kann. Einen Auftritt des Oscargewinners als Tour-de-Force-Performance zu beschreiben, ist eigentlich fast schon überflüssig, schließlich ist das meist sein üblicher Modus Operandi – aber wie sich der „Joker“-Star hier vollkommen uneitel psychisch und physisch entblößt, ist trotzdem noch mal auf einem anderen Level.

Die Filmstarts-Kritik zu Beau Is Afraid (3)

Auch die Erinnerungen an eine Kreuzfahrt als Kind verschaffen Beau keine Erleichterung – ganz im Gegenteil!

Der auch selbst für das Drehbuch verantwortlich zeichnende Ari Aster belässt es allerdings nicht dabei, dass sein Protagonist eben einfach unter einer psychotischen Paranoia leidet – sondern steigt dann im finalen Drittel doch noch ganz tief hinab in die zutiefst traumatisierte Psyche seines Protagonisten. „Beau Is Afraid“ endet deshalb aber nicht etwa als Freud’sche Psychoanalyse, selbst wenn ein Riesenpenis mit prallgefüllten Hoden im Finale eine zentrale Rolle spielt, sondern als zunächst noch verspielt-theatralisch auf den Spuren von „Der Zauberer von Oz“ wandelndes, schließlich sogar an den karikaturesk-opernhaften Schlussakt von Lars von Triers „The House That Jack Built“ gemahnendes Experimentalkino, das man genauso gut als prätentiösen Kunstwahn eines etwas zu hochfliegenden Regie-Egomanen wie als augenzwinkernde David-Lynch-Parodie lesen kann.

„Beau Is Afraid“ ist definitiv ein Film, dessen Länge von drei Stunden einen körperlich, seelisch und psychisch regelrecht auslaugt – und das ist in diesem ganz besonderen Fall nicht unbedingt etwas Schlechtes…

Fazit: Ein absolut unvergleichliches Kinoerlebnis – und zugleich eine gehörige Geduldsprobe.

Die Filmstarts-Kritik zu Beau Is Afraid (4)

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Die Filmstarts-Kritik zu Beau Is Afraid (2024)

FAQs

Is Beau Is Afraid disturbing? ›

Three hours long, the movie is brilliantly made and has some very dark humor, but it can be highly unsettling and will certainly leave many viewers not knowing quite what to think. To stay in the loop on more movies like this, you can sign up for weekly Family Movie Night emails.

What are people saying about Beau Is Afraid? ›

I love weird, unique and even crazy types of movies, which Beau is Afraid most certainly is. The movie is technically well-made with its visuals and cinematography. Joaquin Phoenix also gives an amusing performance of someone with insane anxiety, Unfortunately, the story is overstuffed and nonsensical.

What happened at the end of Beau Is Afraid? ›

Beau gets into a boat and sees Mona and Dr. Cohen (Richard Kind) prosecuting him. He has been put on trial because Mona doesn't believe that he is the child that she has wanted. The engine of the boat explodes and Beau dies.

Does anyone like Beau Is Afraid? ›

It's weird, visually stunning, and Phoenix's lead performance is stellar. Other than those aspects though, I was underwhelmed by the story. Still, if you're a film buff who likes to watch all movies, I recommend it, but to any casual viewer, I would say stay far, far away, it's probably not for you.

Can a 13 year old watch Beau is Afraid? ›

Not as bad as this directors other films

The language is heavy but kids know those words anyway. Not as much nudity or sex as Hereditary or midsommar. The gore is heavy which is why i say 14 not 13.

Is Beau afraid about mental illness? ›

Joaquin Phoenix plays Beau, a man who suffers from extreme anxiety, depression, and Post Traumatic Stress Disorder (PTSD). His PTSD stems from a long-suppressed childhood memory, which has become a re-occurring nightmare.

Why is Beau is Afraid so confusing? ›

Reality is so loose in some points that you'll end up questioning what is real and what is exaggerated by Beau's anxiety. This makes the movie a bit confusing at times, but also effective when you realize that it's just absurd; that's not to say Aster was being less intentional with this story, however.

Is the movie Bo is Afraid any good? ›

Beau Is Afraid is overstuffed to the point of erasing the line between self-flagellation and self-indulgence, but Ari Aster's bravura and Joaquin Phoenix's sheer commitment give this neurotic odyssey undeniable power.

Does Beau is Afraid have a plot? ›

As with his previous films, 2018's “Hereditary” and 2019's “Midsommar,” Aster packs a lot into his surreal, alternately funny and nightmarish three-hour head trip through the mind of a middle-aged man named Beau (Joaquin Phoenix), whose attempt to return home to visit his mother turns into a hellish odyssey of anxiety, ...

Why did Beau is Afraid flop? ›

Why did 'Beau' flop? Mixed reviews, an unenthusiastic moviegoing audience and that 3-hour runtime surely didn't help. The big miracle here is that Aster got his existential and plotless 180-minute mommy-issues movie made, and good for him.

What is the message of Beau is Afraid? ›

In conclusion, Beau is Afraid is a thought-provoking movie that portrays Beau's relentless injuries as a physical representation of losing someone, particularly a parent, and a metaphor for what life is like until we die.

Did Sarah sleep with Beau? ›

Played unenthusiastically by Kevin Costner ("The Upside of Anger"), Beau is an entrepreneur who immediately hits on Sarah when she first approaches him about the possibility of him being her father. Creepy? It gets worse. Sarah then proceeds to sleep with him, blaming booze for her severe lack of judgment.

Will Beau is Afraid be disturbing? ›

It is not, properly, a horror movie, though there's horrifying stuff in it. It's more of a nightmare movie, in which our main character, Beau (Joaquin Phoenix), is just having a pretty bad time of it. If it's about anything, it's about guilt.

What short film is Beau is Afraid based on? ›

The film had been in development by Ari Aster for some time, with a 2011 short film entitled Beau, that would later serve as the basis for a sequence in the feature film, and a 2014 draft of the script that circulated on the internet.

Is Beau is Afraid a dystopian movie? ›

“Beau Is Afraid” is a dystopian fantasy in the present tense, a stylized environment of misery that dramatizes the strange stranglehold that Beau's mother, Mona, has over his psyche and physical being.

Is Beau is Afraid more disturbing than Midsommar? ›

Hereditary and Midsommar have much scarier scenes than any one moment in Beau is Afraid. As a whole, however, Aster's latest is the most disturbing thing he's ever made, largely because this is his most immersive and personal film to date.

Will Beau is Afraid be a horror movie? ›

However, Peter Bradshaw's Guardian review found the film was an "epically pointless odyssey of hipster non-horror" and a "colossal recovered memory of mock Oedipal agony which is scary, boring and sad."

What is Beau is Afraid rated R for? ›

Rated R for strong violent content, sexual content, graphic nudity, drug use and language.

Is Beau is Afraid like the Truman Show? ›

Beau Is Afraid simultaneously creates a sense of having never seen anything like this, while offering flashes of familiarity to works like The Odyssey, The Truman Show, Defending Your Life, and Synecdoche, New York. It's Kafkaesque and Kaufmanesque, with Beau's obstacles found both internally and externally.

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Author: Duncan Muller

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Name: Duncan Muller

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